Ich mag es, wenn man von der Gegenwart aus total in der Zeit zurückgeht. Für „Les Ondes Silencieuses“ (2007) lernt die Französische Lehrerin Colleen Viola und altertümliche Cello-Varianten spielen und lässt sich von einem gewissen Emiliano Flores begleiten. Tatsächlich hat das ganze die spröde Romantik von spanischer Avantgarde im Zeitalter der Conquistatoren, wie sie vielleicht heutzutage in einem guten Theater zeitgemäß aber nur mäßig erfolgreich aufgeführt werden würde: Für das Theater-Abo-Publikum zu modern („Die tragen ja gar nicht die alten Kostüme!“).
Noch besser und noch beeindruckender gelang „Everyone Alive Wants Answers“ (2003). Colleen loopschichtet dort Babygebrabbel, Spieluhren, Streichersamples, Akustikgitarren aus fernen Jahrhunderten durchs Telefon in konkret klingende Unheimlichkeiten hinein. Auf dem Cover bestehen Zellverbände, Quallen, Schnecken, Kriechgetier und Pflanzenteile aus Haarlocken (doch, der Satz macht Sinn!). Zusammen fordert dieses Konglomerat aus Manipulationen Antworten. Wenn je TripHop mit den eigenen Mitteln endlich vollständig überwunden wurde, dann auf „Everyone Alive Wants Answers“. Totales Supermeisterwerk.
Soundbeispiele auf Colleens Website.