DILLARD & CLARK
the fantastic expedition of dillard & clark
1968
WVÖ 2011 (sundazed)
Fiese und unerwartete Plattenspieler-Inbesitznahme im Hause Ahrensfeld: Seit Tagen liegen bräsige 180 Gramm „The Fantastic Expedition Of Dillard & Clark“ auf dem Player und wollen nicht weichen. Neuerscheunungen stapeln sich, Alterscheinungen protestieren stumm mit Liegeblockaden auf dem Fußboden. Zu Hilfe gerufene Freunde und Verwandte weigern sich, die Blockierer wegzutragen. Ihr lächerliches Argument: “ Pack die olle schwarze Scheibe vom Teller, denn niemand braucht 44 Jahre alten Bluegrass-Pop!“
Nämlich so: Eigentlich sollte Doug Dillard nur mal ein bisschen bei den Sessions mitspielen, die Gene Clark nach dem Abgang von den Byrds für eine Solo-Platte anberaumte (Gene Clark schrieb „Eight Miles High“, dazu noch die ein oder andere Komposition, die auf der B-Seite von erfolgreichen Singles früher Byrds-Inkarnationen landete und die ihn dazu befähigte, plötzlich mit rotem Ferrari vorzufahren, was den jenerzeit eher klammen, weil wenig komponierenden Byrds-Kollegen irgendwie nicht so gut gefiel). Dann mutierten die Sessions aber irgendwie zu „Dillard & Clark“, und heraus kam Country-Byrds, bevor die Byrds überhaupt selbst zu Country-Byrds wurden. Ersetze dabei einfach Roger McGuinns Rickenbacker durch Doug Dillards Earl-Scruggs-Banjogeflicker, addiere die samtenen, tollen Melodien Gene Clarks, die immer schon dem Sehnen ihre Vergeblichkeit vorausschicken, bevor der Protagonist überhaupt angefangen hat, vergeblich zu sehnen, und der stattdessen ahnungslos noch voller Optimismus … – so wie eben auf „The Fantastic Expedition Of …“, das gutgelaunt und mit tollen fast auschließlich selbstkomponierten Songs daherkommt, die allesamt klingen wie vom Dachboden der elterlichen Farm aus alten Songbooks amerikanischer Folk-Musik zusammengeklaut und in 1968er Alles-ist-möglich-Laune dahergezupft.
Um Tragik musste sich hier niemand kümmern, denn die ist bei Gene Clark sowieso schon immer automatisch mit eingebaut gewesen. So hatte denn Clark nicht nur im Spielen, sondern auch im Trinken in Dillard einen kongenialen Kumpel zur Seite, die zusammen das musikalische Niveau von „The Fantastic Expedition Of …“ denn auch nicht lange zu halten vermochten und in der Folge mit sturzbesoffenen Auftritten alle Hoffnungen auf Geld und anhaltenden Ruhm fahren ließen. Es folgte noch eine, wie man liest, recht maue zweite Platte mit vorwiegend Cover-Versionen, weil das Duo kaum noch eigene Songs gebacken bekam, und die sich die Zu-Zeiten-Redaktion konsequenterweise dann erstmal geschenkt hat – für irgendwas müssen die Rezensionen der Musikschreiber-Kollegen ja gut sein.
Dankenswerterweise hat Sundazed die ungefähr 28 Minuten lange erste Expedition von Dillard & Clark letztes Jahr als Vinyl wiederveröffentlicht. Doug Dillard ist auf acht von acht Fotos abgebildet und grinst genau acht Mal.
Ich hab beide Platten auf einer CD. Und es stimmt, gegen Ende, also ab der 2. Lp, nimmt die Dichte etwas ab… trotzdem: "Polly" und "Through the Morning" möchte ich nicht missen!
Schöner Beitrag, hat mir Lust gemacht, mal wieder Gene Clark zu hören…
Freut mich, dich zu weiteren Anhörungen von Dillard & Clark animiert zu haben. Du wiederum hast mir die zweite Dillard & Clark jetzt auch schmackhaft gemacht, zumindest "Polly" und "Through the Morning". Ich werde dem mal nachgehen. 🙂