2024-04-20

Roddy Frame: Versöhnte Musik

Wer es zu meinem totalen Erstaunen geschafft hat, in die erlauchten Höhen meiner Lieblingsmusik aufzusteigen, ist Roddy Frame, den ich nicht nur lange Zeit überhaupt nicht mehr auf der Pfanne hatte, sondern dessen Vornamen ich darüberhinaus immer erst falsch schreibe, bevor ich ihn dann berichtigt „veröffentliche“. Und zwar nicht mit der ersten Aztec Camera ist er dabei, sondern mit „Western Skies“, die ich 2006 so oft hörte wie keine andere Platte, eigentlich sogar um ein Vielfaches öfter als ich „High Land, Hard Rain“ – allgemein als Frames strahlendstes Werk angesehen – je gehört habe. Auch wenn es nicht immer ausschlaggebend ist, wie oft man etwas hören will, bzw. wie oft man den physikalischen Träger der Töne bemüht, um die eigenen Eindrücke aufzufrischen.

Jetzt hier in diesem Moment im elegant heruntergekommenen, dem Glamour früherer Zeiten vollständig entledigten Storm-Café in Husum erscheint mir der elegant heruntergekommene, dem Glamour früherer Zeiten vollständig entledigte Sound von Roddy Frame (schon wieder erstmal falsch geschrieben …) in seiner Übersichtlichkeit und kompositorischen Brillanz wie die totale Befreiung von Überbauten und Subbedeutungen. Man spürt vielleicht noch eine leichte Grundtraurigkeit darüber, nicht ganz den Ruhm geerntet zu haben, den das musikalische Riesentalent Roddy Frame eigentlich verdient gehabt hätte, aber damit ist die Musik auf „Western Skies“ zu jeder Zeit versöhnt. Sie sucht, sehnt und findet sich in Folk, auch mal in einem Bossa-Groove, in einer kleinen Band wohlwollender Mitstreiter, mit Akustikgitarre, Bass, Schlagzeug und vereinzelten Keyboardeinsätzen, wie sie Typen wie Al Kooper früher mal zu spielen pflegten. Jeder Song ist erstklassig, Frame singt besser als je zu Aztec-Camera-Zeiten, seine Musik ist bei sich selbst, sie muss nicht um ihre Bedeutung ringen. Das hat sie hinter sich. Das Ringen meine ich, nicht ihre Bedeutung.

Roddy Frame
Western Skies
2006