2024-04-18

THE ROLLING STONES [track-by-track]: black and blue (1976)

LÄRMPOLITIKs Track-by-Track.

Bewertung: ***** (gut), * (nicht so gut)

Diesmal:

The Rolling Stones – Black And Blue (1976)

A1. Hot Stuff
Recht lendensteifer Funk-Versuch. Jagger singt mir zu stöhnig und übertrieben, kriegt dann aber im Mittelteil noch die Kurve ins leicht Übergeschnappte, was mir wiederum gut gefällt. Ich meine die Stelle mit „Cause music is what I want to keep my body always moving …“ Er hätte das öfter tun sollen, diese kleinen Kontrollverluste zu inszenieren. Das kam schon auf „Fingerprint File“ sehr gut oder später auf „Shattered“.
***

A2. Hand Of Fate
„The hand of fate has got me now“ – thematisch und musikalisch ein Bruder von “Sway” („It’s just that demon life that got me in its sway“). Mir gefällt, wie sich der Song so durchschlängelt, ohne mit dem Zeigefinger auf ein Riff zu zeigen. Wie eben auch „Sway“. Aber leider auch langweiliger. Ich würde nie „Black And Blue“ auflegen, weil ich gerade „Hand Of Fate“ würde hören wollen. Ich möchte dieses Stück eigentlich nie wirklich hören.
**

A3. Cherry Oh Baby
Gemessen am Original von Eric Donaldson ist diese Version vollkommen lächerlich. Gestandene, handwerklich gute bis brillante Musiker wie z.B. Nicky Hopkins und Charlie Watts scheitern dilettantisch daran, auch nur ansatzweise eine Reggae-Riddim zu spielen. Jagger und Richards singen unsynchron wie eine Casting-Band beim ersten Probetermin. Und dennoch: Ich habe ihre Version vielfach häufiger gehört als das Original. Gerade, weil sie so undomestiziert ist. An den Stones wird ja oft ihre ungehobelte, raue Spielweise gelobt. Ich glaube, so ungehobelt wie auf „Cherry Oh Baby“ habe ich sie nie gehört. Der lustigste Stones-Moment, den ich kenne. Und daher meine Höchstwertung.
*****

A4. Memory Motel
Erfolgreicher Versuch eines Songs auf Langstrecke. Schöne Gitarrenarbeit, überzeugende Keyboard-Parts, Jagger singt auch gut, der alte Balladeur. Und Richards hat zwar nur einen kleinen Vocal-Part, aber dafür auch seinen schönsten – und damit einen seiner besten (ist ja nicht immer das Gleiche). Erstaunlicherweise spielt er auf „Memory Motel“ keine Gitarre. Dafür durften die vorspielenden Schönspieler ran, die es dann aber doch nicht als Nachfolge für Mick Taylor geschafft haben, wie wir alle wissen.
*****

B1. Hey Negrita
Freier/Prostituierten-Song mit angefunktem Rhythm & Blues, der mich aber nicht interessiert. Strahlt aber Spielfreude aus, daher lege ich noch nen halben Stern zu:
***

B2. Melody
Von einer Erwähnung als “Inspiration” konnte sich Billy Preston auch nichts kaufen. Er war nicht das erste Opfer der Glimmer Twins, das Songideen beisteuerte oder erst anschob, ohne Credits zu bekommen. Das geht von Ry Cooder über Marianne Fathfull bis zu Mick Taylor und Ron Wood, und wahrscheinlich noch einige andere (Dickinson?). Man darf mich da gerne berichtigen. Jedenfalls mindestens aus dem genannten Grund die letzte Stones-Platte, an der Preston mitwirkte. „Melody“ ist ein grooviger, samtiger, mondäner Bar-Crooner, zum Ende vielleicht etwas lang, aber der verschwenderische Swing, den Preston mit seinem Klavier einbringt, trägt das Ganze gut. Auch die scharf geschnittenen Bläser sind nochmal ein Höhepunkt. Ebenso Harvey Mandels Jazz-Gitarre, mal schön, mal dezent angezickt. Würde ich nicht das nächste Album, „Some Girls“, so schätzen, das so ziemlich wie das Gegenteil von „Melody“ klingt, dann hätte ich mich gefreut, wenn die Stones den Weg weiter beschritten hätten – vielleicht dann auch mit Songwriter-Credits für Preston.
****1/2

B3. Fool To Cry
Warum das hier als Single aus „Black And Blue“ ausgekoppelt wurde, ist mir ein Rätsel. Viel zu langsam fürs Radio. Vielleicht dachten sie aber auch, das könnte so erfolgreich werden wie „Angie“. Wurde es nicht, klingt dafür aber viel besser als die olle Schmonzette. Ich kann wenig sagen gegen Songs, wo einem die kleine Tochter die Meinung geigt.
***1/2

B4. Crazy Mama
So Riff-Rock halt. Ihr angestammtes Metier meinetwegen. Mit den Muskeln spielend. Wer aber die Zeit hat, mit den Muskeln zu spielen, hat gerade nichts Richtiges zum Anpacken. Ihre eigene Stellung in der Welt der befristeten Aufenthaltsgenehmigungen und hochgetakteten Metropolen, der Damen und lärmenden Jungspunde zu hinterfragen, packten sie dann zwei Jahre später an.
**

Fazit: ***1/2 mit einigen Schwankungen nach oben und nach unten.

2 Gedanken zu “THE ROLLING STONES [track-by-track]: black and blue (1976)

  1. Juhu, der Sonntag ist gerettet. Black and Blue Track by Track kommentiert und mit zusätzlichen Querverweisen. Was will ich mehr. Danach höre ich noch Some Girls, komplett. Persönliches Allzweckmittel seit 1978, holt mich sofort und immer aus jedem Tief. Und als warm up vor zu erwartenden High End Stimmungen, sowieso. Danke.

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