2024-12-04

BLIND WILLIE JOHNSON transzendent war die nacht


Blind Willie Johnson: „Dark Was The Night“

BLIND WILLIE JOHNSON

Als John Fahey in den 1950ern über die (US-)Lande zog, hörte er Blind Willie Johnsons „Praise God I’m Satisfied“ auf einer Schallplatte und pries es als das beste Stück, welches er je gehört habe. Blind Willie Johnson war ein singender Straßenecken-Evangelist (oder wie würdest du „A singing street-corner evangelist“ übersetzen?), der die sehnendste Slide-Gitarre spielte, die mir überhaupt machbar erscheint. Da Johnson zudem noch ein tiefes, kratziges Brummen in seiner Kehle erzeugen konnte, hatte er alle Voraussetzungen, um mit „Dark Was The Night“ das „most transcendent piece in all American music“ (Ry Cooder) zu sliden und zu summen. Da transzendentale Stücke sich durch ihre universelle Bedeutung auszeichnen, verzichtet „Dark Was The Night“ auf Worte und lässt jedes verdammte Leid und jedes verdammte Hoffen in diesem flehenden Summen und den flirrend in der Luft stehenden Slidefiguren ihren Ausdruck finden. Nur ein „ooo, Lord“ und „aaa, well“ (oder „world“ statt „well“?) entfleucht Blind Willie Johnson ab und zu mal.

Gepresst auf einer Schallplatte aus purem Gold fliegt der Song im Reisegepäck der Voyager den Sternen entgegen. Und hier mein Merksatz für alle angehenden Priesteranwärter: Wenn ein Mitschnitt Deiner Predigt mit einem Raumschiff zu den Sternen geschossen wird, dann hast Du es geschafft – und wenn Du es stattdessen immerhin schaffen sollten, eine einzige Seele davon zu überzeugen, keinen haltlosen Unfug über andere Personen zu erzählen, dann bist du in meiner Achtung sogar noch ein bisschen höher gestiegen.

Ein Video zu „Dark Was The Night“ wartet mit einer kurzen, animierten Biographie auf, alle anderen Videos zu Blind Willie Johnson verbietet mir die tumbe Sony:

Music Matters – Blind Willie Johnson (23-3-10) from Music Matters on Vimeo.