PEAKING LIGHTS „936“
2011
Als wäre die Zeit stehengeblieben. Im Dub. Das tut sie eigentlich seit 30 Jahren schon. Immer wieder hat es den Anschein, als geht sie dann doch weiter, die Zeit: Echos verschwinden wieder, oder gehen in neuen Klanggeneratoren auf, die erst mal sehr aufregend sind, weil man so viel aus ihnen herauszuholen glaubt. Maschinen bieten prima Möglichkeiten, Musik am Laufen zu halten, aber das was da läuft, muss vorher trotzdem erst mal auf die Beine gestellt werden. Und wenn erst mal alles soweit steht, kann man’s meistens auch einfach so lassen, ohne die Möglichkeiten der Maschinen gänzlich auszureizen. Und wenn statt einem Mehr das Wenige eigentlich reicht, kommt doch das Echo wieder zurück. Und damit der Dub. Ein ewiger Kreislauf.
Während aber besagte Tontechniker in den 1970ern im Dub eher die dunkle Seite des Originals herausarbeiteten, wo sie dann entsprechend mit Schlagzeugbomben, zischelnden Snares, vereinsamt stehen gelassenen Silbenfetzen oder Tonband-Endfiepen unheimlich Unheimliches hervorkriechen ließen, haben es Peaking Lights aus Wisconsin da eher mit der Sonnenseite des Lebens. An den Songtiteln von „936“ kann man das Gemüt des zart dubbigen Duos gut erkennen: „All The Sun That Shines“, „Birds Of Paradise“, „Amazing And Wonderful“ oder auch einfach „Summertime“. Was aber natürlich nicht im Entferntesten schlechter ist, als immer nur dem guten Bösen das Wort zu reden, denn man kann ja nicht immer nur dem Dunklen und Hässlichen frönen (das sagte so ähnlich auch schon Greg Norton, der Bassist der Hardcore-Schredderer Hüsker Dü, als er mal sinngemäß feststellte, dass er sicher nicht Hüsker Dü’schen Hochgeschwindigkeits-Metal-Punk zu hören pflegt, wenn er mal tagsüber gedankenverloren mit dem Walkman durch die Stadt spazieren gehen würde).
Und da man meist ausgerechnet in schattigen Studios oder Appartements an solch sonnigen Dingen arbeitet, also die Sonne genau dort nicht scheint, wo man ihr zu ehren ein paar Audiospuren vollgroovt, schwebt meist eine leichte Melancholie mit in den Tracks von Peaking Lights. Man will halt raus, dahin, wo der Grund für die Tracks liegt – das Leben in der Sonne – anstatt die Musik für diesen Grund zu machen. Die leichte Melancholie zeigt sich dann im etwas elegisch langgezogenen Gesang von Indra Dunis (die zusammen mit Aaron Coyes das Duo Peaking Lights bildet). Deren gefährlich elfenhafte Stimme wird zum Glück aber immer wieder hübsch konterkariert von brummeligen Bassfiguren, grummelnder Elektronik, rumpelnden Drums und kleindröseligen Keyboard-Figürchen. Das ist spannend zusammengeführt und will der Sonne gar keine Konkurrenz machen. Die macht draußen eh was sie will, nämlich scheinen.
Dass Peaking Lights aber trotzdem das Opfer auf sich genommen haben, sich fürs Kämmerlein und die Musik zu entscheiden, hat der Welt ermöglicht, dieses Album zu hören. Ihr Opfer hat sich gelohnt. Und jetzt raus aus dem Haus, Sonne genießen! Aber bitte warm anziehen.