2024-12-05

Jesse Sykes And The Sweet Hereafter: "Like, Love, Lust & The Open Halls Of The Soul"


Dazu müsste Brinkmann was sagen, nicht ich, denn ich höre Jesse Sykes hier zum ersten Mal richtig und vollständig, also nicht versteckt als Gastsängerin auf „Altar“ von SunnO)))/Boris. Ich bin aber spontan bereit, ihr selbigen zu schnitzen, oder meinetwegen auch mit falschen, angekanteten Zirkonoxid-Zähnen aus schwarzem Mammutbaumholz zu NAGEN. Vielleicht schleift sie sich aber selber Kraft ihres Gesangs einen eigenen Schrein. Ihre heisere Kehle ist dazu im Stande, Schicht um Schicht abzutragen, selbst wenn es Jahrhunderte dauern sollte. Aber was ist schon Zeit, wenn sie sowieso stehen bleibt in dem Moment, wenn die Sykes zu singen anfängt?

Ich weiss nicht, ob ich das irgendwo gelesen habe oder mir gerade selbst herbeifantasiere, aber das erinnert mich an einen Typen, der bisher ohne Vergleich geblieben ist: Tim Buckley. Er bleibt auch weiterhin ohne Vergleich, aber wie man auf anderen, schwer rekapitulierbaren Wegen zu einer ganz ähnlichen Unbestimmtheit gelangen kann, die dunkel und hell zur gleichen Zeit ist, das demonstriert Jesse Sykes auf „Like, Love, Lust & The Open Halls Of The Soul“ aufs beeindruckendste. Eine nicht für möglich gehaltene Mischung aus Happy/Sad-Folk und Greetings-From-L.A.-Rock, ohne Alkohol, ohne Kontrollverlust, mit richtiger Band, die auffängt, Lücken lässt, sich zurücknimmt und nach vorne drängelt. Oder suggeriert mir das nur der gewohnt sensibel klirrende Mix von Tucker Martine? Es freut mich jedenfalls, dass diese Art von Musik existieren kann, ohne dass man einen frühen Künstlertod dafür sterben muss.

Dazu müsste noch mehr geschrieben werden. Wer macht’s?

BRINKMANN-EDIT

Kollege Ahrensfeld läßt offensichtlich keinen Treppenterrier geschulten Trick aus, um mich zu nötigen, neben Kellerwänden auch weiterhin diesen Blog „vollzuschreiben“ – für Dälek gab es wenigstens noch ein vorsichtig angeknistertes Vinyl von Neil Young („Comes A Time“), bei Woven Hand und Laura Veirs setzte er vergeblich auf meine Entdecker-Eitelkeit (wie sagte Schreuf so schön: „Was ich noch zu sagen hätte, dauert eine Zigarette—nfabrik“ – ob das noch mal was wird mit dem Reader?). Aber jetzt versucht er es mit Jesse, und da hört der Spass auf! Die wollten Hablitzel und ich schon seit langem geheiratet haben, nur waren die Flüge nach Seattle überbucht und… Egal.

Was gibt es noch zu erwähnen? Die Frau hat eine eigene Website – http://www.jessesykes.com/ ; es gibt ein sehr intimes Radio-Konzert mit ihr und Phil Wandscher ihrem Begleiter (ex-Whiskeytown, ex-Hominy, ich glaube auch ihr Kerl) – sie waren in der Sendung „Morning Becomes Eclectic at 11:15am“ zu Gast und das ist hier zu sehen: http://www.kcrw.com/music/programs/mb/mb041118jesse_sykes_and_phil (etwas tricky,der grössere/gefettete Link am Ende des Absatzes funktioniert nicht, ihr müsst den ersten, kleinen Watch-Link nehmen – dann öffnet sich ein neues Fenster, dort kommt erst mal ein sehr kurzer Trailer zum traurigen Stand der Online-Radio-Gesetze und danach 40 Minuten pure Bliss!) … Mich hat das ganz wuschig gemacht, aber nicht nur den Fanboy in mir – man beachte die frühe Frage nach den Covern…:

—–Original Message—–
From: Lars Brinkmann
Sent: Tuesday, February 07, 2006 1:12 PM
To: Markus Hablizel
Subject: die sykes
click das: http://www.kcrw.com/music/programs/mb/mb041118jesse_sykes_and_phil (link aktualisiert) ansonsten, wenn der link nicht funzzt, einfach auf ihrer site unter links auf „Morning Becomes Eclectic 11/18/04″…. es lohnt sich. diese stimme… *gänsehaut*

Am 07.02.2006 um 13:22 schrieb Markus Hablizel:
Mist, der Stream bleibt nach fünf Minuten hängen. Muss ich zuhause schauen.Die Dame kommt straight aus den Sechzigern, oder? Dieser Tonfall, die belegte Stimme (okay, evtl. der Erkältung geschuldet), das Repetetive…Bei Amazon gibt’s zwei, drei Alben, die werd ich mir holen! Oder ist das Vinyl so geil, dass man sich lieber das holt? Klappcover mit ihr drauf?

Am 07.02.2006 um 13:32 schrieb lars.brinkmann@XXX
musst du machen, schon wegen der geschichte zu „sweet hereafter“ – sie betont, dass sie ja nicht wie so eine doofe new age-tante wirken will aber erzählt dann doch einen traum,… ganz gross, eine frau für die man umsiedeln möchte, um ihr näher zu sein. auch schön: wurde von lynyrd skynyrd zur musik gebracht, wie sie das erklärt – alles richtig.
was die sechziger angeht; ich weiss nicht, für mich dockt das atmospärisch noch eher an die fünziger an, julie london, torch-songs, dieses unschuldige schmachten mit der gewissheit um den vermeintlichen betrug… dazu aber dieses badalamenti-mässige, was sonst nur chris isaac in seinen selten grossen momenten besitzt; neee, das ist schon sehr hier & jetzt… zeitlos… die hat nur die beiden alben gemacht (und eine single), beide toll – die 1. lp (reckless burning) hat ein klappcover mit ihr druff aber ohne bilder „drin“, die cd hat ein etwas anderes cover und mehr bilder :o) die zweite hat leider kein klappcover und ein vergleichsweise prosaisches, leicht modernistisches cover… also ran da, erstmal die cds, dann das vinyl, so hab ich das auch gemacht (die musik schreit natürlich nach feinem knistern)

Am 07.02.2006 um 13:42 schrieb Markus Hablizel:
Hahaha und dann singt sie: „I’m on your side now!“ Und wer hätte diese Dame nicht gerne auf seiner Seite. Fickende Hölle!

Am 07.02.2006 um 13:50 schrieb Lars Brinkmann:
bei dem radio-konzert musst du mal darauf achten, wie sie an einer stelle dem moderator ins wort fällt und sich dann
gestisch selbst diszipliniert – sweet… meine lieblingsstelle.

(…)

————– Not the End ————–

Das ging dann noch mal ein paar Tage mit uns so weiter, zwischendurch konnten wir uns nicht einigen, wer ihr nun den Antragg machen darf; mittlerweile gibt es ein neues Album, das vielleicht nicht ganz sooo zwingend ist wie die beiden Vorgänger aber immer noch besser als 99% der Alben ihrer Mitbewerber – demnächst ist die Dame auf Deutschlands Bühnen zu erleben, eine sicher Empfehlung für einen schönen Abend im Kreis der Lieben.

Spring European Tour (April)
12. Amsterdam , NL – Paradiso
13. Rotterdam, NL – Motel Mozaique
14. Tongeren, B – Viva Velinx
16. Toulon, F – Faveurs de Printemps
17. Grenoble, F – Le Ciel
19. Zürich, CH – Zukunft
21. Bourges, F – Le Printemps de Bourges
23. Bilbao, ES – Kafe Antzokia
24. Madrid, ES – Neu! Club
25. Valencia, ES – Loco Club
26. Barcelona, ES – Zacarias club
27. Huesca, ES – Teatro Matadero
28. Schorndorf, D – Manufaktur
29. Dresden, D – Scheune
30. Hamburg, D – Markthalle
XX. Berlin (Kollege Busche, ebenfalls ein Bewunderer, behauptet, die Sykes käme auch nach Berlin…)

Ein Gedanke zu “Jesse Sykes And The Sweet Hereafter: "Like, Love, Lust & The Open Halls Of The Soul"

  1. puh, ob Busche Recht hat? Wär toll. Auf dem SXSW mit erstaunlich jungem Publikum und "Jesse, I Love You"-Rufen von Mitzwanzigern. Hier in D wohl eher was für die 40+ Musikversteher 😉

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