The Jimi Hendrix Experience – Electric Ladyland (Barclay, F, Reissue von 1971)
Diesmal kein Mono, aber von der Richtung her schon ein bisschen, denn
die teilweise extremen Stereosoundwanderungen zwischen den Kanälen, wie
ich sie für „Electric Ladyland“ in Erinnerung habe, sind hier mehr in
die Mitte gerückt. Das hat auch schon Julian Cope irgendwo mal erwähnt.
Vielleicht ist Barclay zu der damaligen Zeit deswegen so verfahren, um
das Album für Mono-Abspielgeräte kompatibler zu machen, denn die vier
Seitenlabel sind alle als „Mono-Stereo“ ausgewiesen. Ich empfand
„Electric Ladyland“ tatsächlich bisher teilweise etwas merkwürdig
auseinandergezogen, als wären vakuumierte Räume im Sound eingeschlossen,
taube Areale, als wäre da etwas unvorteilhaft aus dem Ruder gelaufen
oder konnte nicht Schritt halten mit den Vorstellungen von Jimi Hendrix,
der ja hier erstmals größere Kontrolle auf die Produktion ausüben
konnte. So empfand ich auch den Bass manchmal wie einen Hohlkörper. Ich
hatte das Album allerdings auch sehr lange nicht gehört und kannte es
nur von einem Reissue, das einem Freund gehörte. Kann mich also auch
täuschen.
Hier jedenfalls auf diesem Barclay-Reissue von 1971 ist der Sound ganz
wunderbar. Nicht in der Art wunderbar wie der punkige Barclay-Monomix
von „Are You Experienced“, aber das ist auch klar, weil sich „Electric
Ladyland“ aus Studio-/Live-Aufnahmen zusammensetzt, denen
unterschiedliche Umstände zugrunde lagen. Eben nicht nur aus dem rauen
Guss einer Dreierbesetzung erspielt, sondern verschiedene
Aufnahmesituationen und Gastmusiker reflektierend. Hier kommt alles
klar, druckvoll und ohne merkwürdige Raumlöcher. Der Bass ist fühlbar
präsent, alles fügt sich ein und entfaltet seine Macht.
Tracks, in denen ich bisher eher schwache Teile hörte, werden plötzlich
viel besser: „1983“ klingt nun für mich in dem längeren Mittelteil, wo
vordergründig eigentlich nicht viel passiert, plötzlich wie ein
pränataler Postrock-Traum, wo sehr behutsam mit wenigen Parts eine sehr
subtile Spannung aufgebaut wird. Und wer immer noch behauptet, Hendrix
sei natürlich ein fantastischer Gitarrist aber ein mittelmäßiger Sänger
gewesen, der solle sich doch bitte mal den Gesangspart von „1983“
anhören. Hendrix betritt hier mit seiner Stimme Areale, in denen ich
mich gleichzeitig an Curtis Mayfield und Skip Spence auf „Oar“ erinnert
fühle. Vertreter also, die nicht mit Gesangskunststücken glänzen,
sondern Augenblicke kreieren, in denen sich plötzlich etwas öffnet in
der eigenen inneren Tiefe.
Ein paar Merkwürdigkeiten noch als Ergänzung:
– Zwischen „Have You Ever Been (To Electric Ladyland)“ und „Crosstown
Traffic“ ist eine etwa 12-sekündige, etwas verwirrende Pause
– Die Songs sind teilweise optisch in der Rille nicht separiert:
Seite 1: „And The Gods Made Love“ und „Have You Ever Been“ sind
zusammengeschweißt, dann gibt es eine Abgrenzung (nach der
12-Sekunden-Pause) zu „Crosstown Traffic“, das wiederum von „Voodoo
Chile“ nicht abgegrenzt ist.
Seite 3 ist komplett ohne Abgrenzung
– Teilweise sind die Zeitangaben falsch, wahrscheinlich eine Folge der fehlenden Separierung
– Anderes Cover:
War wohl so üblich bei Hendrix-Veröffentlichungen auf Barclay. Die
Erstpressungen bekamen andere Cover, und die über die Jahre
veröffentlichten Reissues bekamen teilweise nochmal wieder andere Cover.
Nicht unbedingt immer schlechtere. Ich finde die Cover-Version mit der
Riesenhand, die das kleine Hendrix-Bild an den unteren Coverrand drückt,
gar nicht so übel, bringt man sie mit der Rückseite zusammen: Vom Druck
befreit schwebt das Bild dort wie eine Feder empor. Eine
Freiheitsmetapher zur Bürgerrechtsbewegung? Hergeholte
Überinterpretation?